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Personen > Sigmund Otto Joseph v. Treskow
(1756 -1825, auch: Otto Sigismund), Kaufmann und Bankier
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Milow im Havelland 16. 3. 1756, + Owinsk bei Posen 6. 2. 1825;
ev.; Kanonikus des Stifts St. Sebastian in Magdeburg; Kaufmann
und Gutsbesitzer; V Albert Sigismund v. Treskow (1717-1767), Geheimrat,
Gutsherr auf Milow; M Elisabeth Mangelsdorf (1726-1811), ledig;
G Luise Helene Christine (*1752), Johann Ernst Arnd Eusebius (1760-1766),
verh. 1784 Anna Sara George (1763-1834), S Benjamin (1785-1818),
Karl (1787-1846), George (1789-1812), Otto (1793-1855), Heinrich
(1795-1861), Wilhelm (1797-1874), Louis (1799-1865), T Anna Sara
Reichsgräfin v. Lüttichau (1790-1873).
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Treskows rasanter Aufstieg vom unteren Ende der friderizianischen Gesellschaft an die Spitze der preußischen Großfinanz trug schon nach Ansicht des Zeitgenossen Wilhelm Dorow romanhafte Züge. Sigmund Otto Joseph Treskow wurde 1756 als unehelicher Sohn des adligen Geheimrats Albert Sigmund Friedrich v. Tres(c)kow und der mittellosen Weberstochter Elisabeth Mangelsdorf auf dem alten Treskowschen Familiengut Milow geboren, das zu dieser Zeit bereits seit zwei Jahren zwangsversteigert war. Der Vater begab sich nach Halberstadt, wo er als Kanonikus des Liebfrauenstifts Wohnrecht besaß, die Mutter folgte ihm und führte den Haushalt. Die drei Kinder des unkonventionellen Paares wurden in den Kirchenbüchern von Milow und Halberstadt in handschriftlichen Ergänzungen als Nachkommen des Geheimrats „ex matrimonio ad morganaticam“ geführt, waren aber nach den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts illegitime Nachkommen ohne jeden juristischen Anspruch.
Nach dem Tod des Vaters 1767 wurde Treskow von dem befreundeten Halberstädter Kaufmann Jean Hercule Chareau aufgenommen und erzogen – so schildert er selbst es in seinem Antrag auf Nobilitierung: „Mein Vater war der Geheime Rath u. Canonicus Albrecht Sigmund von Treskow aus Milow im Magdeburgschen. Er starb vom Schlage gerührt sehr plötzlich u. hinterließ mich, der ich 10 Jahre alt war, ohne Unterstützung. Ein Kaufmann u. alter Bekannter meines Vaters, der bei seinem Tode zugegen war, nahm mich mit sich ins Anhältsche und erzog mich, lehrte mich die Handlung, bei welchem Gewerbe ich dann bisher mein Brodt gefunden habe.“ Der neue Lehrherr Chareau brachte ihm bis 1778 alles bei, was zum Führen eines Handelshauses notwendig war, und schickte ihn zur weiteren Ausbildung zu französischen Geschäftspartnern nach Bernburg und Leipzig. Chareau war auch der Vermittler in die fortan bestimmende Welt der Réfugiés in Berlin: zu seinen Freunden zählte der französisch-reformierte Halberstädter Prediger Henri Balthasar Catel (1711-1775), Vater des bekannten Berliner Predigers und Übersetzers Samuel Heinrich Catel, in dessen Haus seit 1788 Heinrich v. Kleist erzogen wurde. Ein weiterer Bezugspunkt war die Halberstädter Kaufmannsfamilie Gabain, reformierte Glaubensflüchtlinge aus der Schweiz: Am 17. Juli 1764 hatten sich die Freunde Henri Balthasar Catel, Jean Hercule Chareau und dessen Schwager Jean David Gabain gemeinsam im Gästebuch der Gipfelhütte des Brocken verewigt. Chareaus Neffe George Abraham Gabain zog 1783 aus Halberstadt nach Berlin und führte in seiner dortigen Seidenfabrik als erster Unternehmer in Preußen den Jacquart-Webstuhl ein. Ein Leben lang fühlte Treskow sich dieser hugenottischen Ersatzfamilie verpflichtet. Noch Jahrzehnte später beauftragte er Henri Balthasar Catels Enkel, den Architekten Louis Catel, mit der Ausführung der Repräsentationsbauten in Owinsk.
Nach Abschluß seiner kaufmännischen Ausbildung in Leipzig – vermutlich in der Seidenhandlung Gabain & Baerbalck - führte der Weg nach Berlin, wo Treskow als Buchhalter der Seidenblumen-Manufaktur von Martin Guillaume Friedel am Spittelmarkt tätig wird. Bereits 1781 hatte er das Berliner Bürgerrecht erhalten und an der Stechbahn eine eigene Manufaktur für Kunstblumen eröffnet; 1783 beschäftigte er 30 Arbeitskräfte, 1791 waren es schon 130. Von Moses Mendelssohn, bei dem er ein eigenes Geschäftskonto unterhielt, bezog er italienische Rohseide zur Weiterverarbeitung. 1784 heiratet er mit Anna Sara George die Tochter des vermögenden französischen Destillateurs Benjamin George, dem die Brauerei „Zur Goldenen Kugel“ in der Zimmerstrasse und ein weitläufiges Grundstück an der Friedrichstrasse gehörte. Treskow begründet im eigenen Haus an den Werderschen Mühlen eine Handlung für Galanteriewaren, Seidenbänder und Uniformstoffe. Ferner beteiligte er sich an verschiedenen Unternehmungen, die einen schnellen Profit versprachen. Gemeinsam mit dem Schwager seiner Frau, Jean Jouanne, betrieb er seit 1787 eine eigene Zuckersiederei, die 1793 an die Firma Schickler verkauft wurde.
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Durch seine Freundschaft mit dem am Hofe Friedrich Wilhelms II. allmächtigen
General Hans Rudolph v. Bischoffwerder und durch die Geschäftsverbindungen
des Schwiegervaters nach Frankreich stieg Treskow zum Großkaufmann
und Armeelieferanten auf. Für die Belieferung der amerikanischen
Revolutionsarme mit Uniformstoffen verpfändete ihm George Washington
4000 Acre Hickory-Wälder am oberen Mississippi. In den Jahren 1794-1796
beliefert Treskow die französische Armee, möglicherweise als
Strohmann für Bischoffwerder, der ihm 1796 den Erwerb der Herrschaft
Strzelce in der neugeschaffenen Provinz Südpreussen ermöglicht
und somit die Perspektive auf eine Nobilitierung verschafft. Zur Absicherung
der gesellschaftliche Karriere hatte Treskow sich 1796 im Gegenzug für
eine großzügige Stiftung zum Kanonikus des Magdeburger Stifts
St. Sebastian wählen lassen, wo schon viele seiner adligen Vorfahren
Kanoniker gewesen waren. Ferner nimmt er die alleinstehende Schwester
seines Vaters Anna Henriette v. Tres(c)kow (1723-1805) in seinen Haushalt
auf, um so auch öffentlich den Familienzusammenhang zu demonstrieren.
Die Erhebung in den Adelsstand am 14. Januar 1797 fällt zeitlich
mit einem weiteren großen Auslandsauftrag zusammen: Treskow lieferte,
vermutlich wieder mit Beteiligung der preussischen Hofkreise, Pferde
und Uniformen für die französische Revolutionsarmee im Wert
von 4 Millionen Franc. Das Direktorium verpfändet ihm hierfür
am 5. Februar 1797 den auf 12 Millionen Franc geschätzten 140-karätigen
Krondiamanten Regent, der im August 1798 ausgelöst und später
in Napoleons Paradeschwert montiert wird. Der Stein wir heute in der
Galerie Apollon des Louvre als Teil der französischen Kronjuwelen
ausgestellt.
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Auf dem
Höhepunkt seiner Karriere als „Kaufmann und Banquier“ erhält
Treskow 1797 die Owinsker Klostergüter bei Posen als königliche
Dotation übertragen und wird somit Herr über einen Grundbesitz
von 20.000 Hektar. Treskow musste sich zwar zum Unterhalt des Zisterzienserinnenklosters
verpflichten und einen eher symbolischen Kaufpreis entrichten, doch
der tatsächliche Anlass für diesen königlichen Gunstbeweis
dürften gemeinsame Geschäftsinteressen mit Bischoffwerder
gewesen ein, der auch Patenonkel von Treskows Söhnen wird. Der
neue Gutsherr beauftragt die Berliner Architekten Louis Catel und
Karl Friedrich Schinkel mit dem Bau eines Palais, das 1804-1806 als
frühklassizistische Anlage entsteht. Zu den Neubauten im Stile
David Gillys gehören umfangreiche Wirtschaftsgebäude, eine
Brennerei und auf dem anderen Ufer der Warthe das in die Sichtachsen
des Parks einbezogene Gutshaus Radojewo. Zur Finanzierung der Bautätigkeiten
in Owinsk gibt Treskow eigene Wertpapiere heraus, die in politisch
unsicherer Zeit eine Verzinsung von drei Prozent garantierten. Wilhelm
v. Humboldt beteiligte sich mit 38.000 Talern an diesem Geschäft,
der preussische Hofrat Carl Christoph Cramer (1750-1827) in Glogau
investierte 100.000 Taler. Nach dem Zusammenbruch des Jahres 1806
lagen die Güter alle außerhalb des preussischem Staatsgebiets
in dem von Napoleon neugeschaffenen Großherzogtum Warschau.
Auch hier half das Glück: Napoleon selbst hielt sich im November
1806 in Owinsk und Radojewo auf und erinnerte sich sehr gut an seinen
ehemaligen Geschäftspartner aus den Jahren des Direktoriums – die
Posener Güter blieben unversehrt und wurden nicht enteignet.
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Es war somit ein naheliegender Gedanke, dass der Staatskanzler
Hardenberg Treskow 1810-1812 nach Paris entsandte, um dort
die Tilgung der preussischen
Reparationszahlungen durch Naturalien und Fabrikwaren zu verhandeln.
Treskow reiste in Begleitung von Cramers Schwiegersohn, dem Staatsrat
Heinrich v. Beguelin (1765-1817), und erhielt den Status eines Wirtschaftsdiplomaten
mit kaiserlicher Autorisation. Fortan bewegte er sich zwei Jahre lang
im Dunstkreis des napoleonischen Hofs in Paris, Fontainebleau und Compiègne.
In seinen Briefen nach Berlin berichtet er vom Umgang mit der schwedischen
Kronprinzessin Desirée Bernadotte, mit Wilhelmine Enkes Tochter
Marianne de Thierry, mit den Ministern Comte Pierre Antoine Daru, Comte
Louis Friant, Duc Jean Baptist de Cadore, Duc Henry de Feltre und Duc
Hugues-Bernard de Bassano. Am 28. September 1811 zeichnen Treskow und
Beguelin einen Vertrag, in dem der französischen Regierung preussische
Staatsdomänen im Wert von 7,4 Millionen Reichtalern verpfändet
werden. Zur Abwicklung des Geschäfts kommt es nicht mehr – schon
ein Jahr später zieht Preussen gegen Frankreich in den Krieg. Treskow
kehrt nach Berlin zurück, verkauft seinen dortigen Grundbesitz und
zieht sich 1813 ganz nach Owinsk zurück. Hier stirbt er am 6. Februar
1825. Sein Grabdenkmal aus Berliner Eisen im Park von Radojewo ist heute
zerstört.
Literatur:
Wilhelm Dorow: Erlebtes aus den Jahren 1790-1827, Bd. 1-4, Leipzig 1843-1845.
A. Ernst (Hg.): Denkwürdigkeiten von Heinrich und Amalie v. Beguelin,
Berlin 1892.
Hugo Rachel, Johannes Papritz,
Paul
Wallich: Berliner Großkaufleute
und Kapitalisten, Bd. 2, Die Zeit des Merkantilismus 1806-1848, Berlin
1938, Reprint 1967.
Les procès-verbaux du Directoire executif, an V-VIII, Archives
Nationales, Paris 2000-2001.
Rolf Straubel, Kaufleute und Manufakturunternehmer. Eine empirische Untersuchung über die sozialen Träger von Handel und Grossgewerbe in den mittleren preussischen Provinzen (1763-1815), Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Franz Steiner Verlag Stuttgart 1995.
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