|
Startseite
Über
uns
Orte
Personen
Kontakt
Mitglieder
Impressum
Datenschutz
|
|
|
Personen > Carl v. Treskow (1787-1846),
Gutsherr
*
Berlin 23. 9. 1787, + Friedrichsfelde 4. 10. 1846; ev.; Gutsherr
in Friedrichsfelde; Landwirtschaftsrefomer; V Otto Sigismund (1756-1825),
Kaufmann und Entrepreneur; M Anna Sara George (1763-1834); G Benjamin
(1785-1818), George (1789-1812), Otto (1793-1855), Heinrich (1795-1861),
Wilhelm (1797-1874), Louis (1799-1865), Anna Sara Reichsgräfin
v. Lüttichau (1790-1873); verh. 1812 mit seiner Cousine Julie
Jouanne (1791-1852); S Hermann (1813-1894), Rudolf (1816-1893), Julius
(1818-1894), Karl (1819-1882), Heinrich (1823-1886), Louis (1832-1897),
T Marie v. Enckevort (1814-1879), Mathilde v. Chappuis (1815-1893),
Elisabeth Reichsgräfin v. Lüttichau (1824-1879).
|
|
|
Carl v. Treskow war Landwirtschaftsreformer und Schüler des Begründers der Agrarwissenschaft Albrecht Thaer. Nach einer
Erziehung am Gymnasium in Gotha und an der Ritterakademie Brandenburg übernahm
Carl v. Treskow 1803 mit fünfzehn Jahren die Verwaltung der
Owinsker Familiengüter bei Posen und empfing dort 1806 als knapp
19-jähriger den Kaiser Napoleon, der bei Owinsk die Warthe überquerte.
Trotz wirtschaftlicher Erfolge blieb das Verhältnis zum Vater
angespannt. Nach der Heirat 1812 schlug Carl das Erbe in Owinsk aus,
zog auf das neuerworbene Gute Kade in der Mark und betätigte
sich als Destillateur in der Berliner Schnapsfabrik des Großvaters
Benjamin George. Carl wurde enterbt, Vater und Sohn sahen sich nie
wieder. Die reiche Mitgift seiner Frau und das Vermögen des
Großvaters ermöglichten dennoch 1816 den Ankauf des Ritterguts
Friedrichsfelde, wo Carl in den Folgejahren eine Musterlandwirtschaft
nach den Vorstellungen des preußischen Landwirtschaftsreformers
Albrecht Thaer einrichtete. Fontane erwähnt, daß Friedrichsfelde
schon bald der erste Frischmilchproduzent Berlins war. Die englischen
Dreschmaschinen und die hochmoderne Kartoffelmühle waren bereits
1818 eine Attraktion für durchreisende ausländische Besucher,
und bald war Friedrichsfelde ein Studien- und Vorzeigeobjekt der
landwirtschaftlichen Reformbewegung. Dem befreundeten Joseph Peter
Lenné erteilte er 1821 den Auftrag zur Umgestaltung der Parkanlage.
Carl v. Treskow war 1824 einer der ersten Mitglieder in dem von Lenné begründeten „Vereins
zur Beförderung des Gartenbaus in den königlich-preußischen
Staaten“. Ferner war Treskow seit 1824 Mitglied in der Berliner „Gesetzlosen
Gesellschaft“, in der nach den Worten Heinrich v. Treitschkes
zur Zeit der Demagogenverfolgungen "geistreiche Menschen verschiedener
Gesinnung noch einen neutralen Boden für ungezwungenen Verkehr" finden
konnten.
|
In den
Nebengebäuden des Schlosses Friedrichsfelde eröffnete Treskow
1823 eine sogenannte Landschule für bedürftige Kinder nach
den Ideen des Pestalozzi-Schülers Emanuel v. Fellenberg. Carl
hatte Fellenberg 1820 in seiner Schweizer Reformschule Hofwyl besucht
und stand seither mit ihm in Briefkontakt. Als Unterrichtsfächer
der Friedrichsfelder Schule vorgesehen waren: Religion, Lesen, Schreiben,
Rechnen, Geschichte und Gesang, Beurteilt wurden: Folgsamkeit, Verträglichkeit,
gute Sitten und Reinlichkeit. „Meine Kinder“, schreibt
Treskow 1822 an Fellenberg, „zeichnen sich durch Freundlichkeit
und großen Muth aus, so dass sie verdienen, jedermann für
sich einzunehmen. Ich habe die Freude zu bemerken, dass mehrere Gutsbesitzer
mit der Idee umgehen ... ähnliche Anstalten zu begründen.
Selbst unser allerwertester Thaer scheint sich dazu entschlossen
zu haben ... So sind wir alle bemüht, Ihre vorangezeigte Bahn
zu verfolgen, und gewiß werden die guten Früchte nicht
ausbleiben. Es muß für Sie ein sehr beglückendes
Geschäft sein, mittelbar und unmittelbar soviel Gutes gestiftet
zu haben.“ Erziehungsziel der Landschule in Friedrichsfelde
war die Ausbildung von Gärtnern, Meiern und Gutsverwaltern,
und bald hatte Treskow sich mit Thaer auf eine zweistufige Ausbildung
geeinigt: die 10-16-jährigen Kinder wurden Friedrichsfelde unterrichtet
und wechselten anschließend zu Thaer nach Möglin, so dass
die „Landschule zur Mögliner Akademie“ – nach
Theodor Fontane – „etwa in dem Verhältnisse wie
eine Volkschule zu einem Gymnasium steht.“ Später ging
die Friedrichsfelder Landschule und die Mögliner Akademie in
der neugegründeten landwirtschaftlichen Fakultät der Berliner
Universität auf.
Als 1861 das Thaer-Denkmal auf dem Berliner Schinkelplatz enthüllt
wurde, war Carl v. Treskow im Sockelrelief als einer engsten Freunde
und Mitstreiter portraitiert. Theodor Fontane lieferte in dem ebenfalls
1861 erschienenen Begleitband eine kurze Biographie: „Der
hervorstechende Zug seines Charakters war Humanität. Von überlegenem Verstande,
klarem Blick, ruhigem Urtheil und großer Lebenserfahrung, trat
doch vor allem sein Gemüth, sein heiterer Sinn, sein schönes
Wohlwollen im Verkehr mit seinen Mitmenschen hervor. Zu beglücken,
jeden einzelnen, nach seiner Kraft, eine gewisse Freudigkeit des
Lebens zu geben, das empfand er als Pflicht und Beruf. Er hatte eine
offene Hand für jeden und ein gastlich offenes Haus für
seine Freunde“.
Neben der Bewirtschaftung von Friedrichsfelde erwarb Carl eine Reihe
neuer Gutsherrschaften hinzu, so dass er jedem seiner neun Kinder
ein eigenes Rittergut hinterlassen konnte. Bereits 1825 hatte er
das Vorwerk Carlshorst angelegt, die Keimzelle des heutigen Berliner
Stadtteils Karlshorst. Die von ihm angelegte Verbindungschaussee
nach Friedrichsfelde heißt bis heute Treskowallee. Nach dem
Tod seines Vaters im Jahre 1826 hatten seine Geschwister beschlossen,
den enterbten Bruder zu entschädigen, und sprachen ihm als Erbteil
die 4500 Hektar große Gutsherrschaft Strzelce bei Kutno zu,
wo er 1836 die erste Rübenzuckerfabrik im Königreich Polen
eröffnete.
Als Carl v. Treskow 1846 starb, hinterließ er ein Vermögen
von 1,1 Mio. Taler, wobei das Schloss Friedrichsfelde lediglich mit
einem Wert von 40.000 Taler veranschlagt war. Das Rittergut Friedrichsfelde
wurde auf 85.000 Talern taxiert, das Vorwerk Karlshorst auf nur 35.000
Talern. Aus den Lohntabellen des Guts aus dem Jahre 1844 geht hervor,
was diese Zahlen tatsächlich bedeuteten: der Rechnungsführer
des Guts bezog ein Jahresgehalt von 310 Talern, der Obergärtner
Herzfeldt 150 Taler, ein Pferdeknecht 45 Taler, eine Hausmagd 26
Taler und ein Schäferknecht 20 Taler im Jahr. |
Die Revolution
selbst hat Carl v. Treskow nicht mehr erlebt, er starb 1846 und wurde
in Friedrichsfelde begraben. Den bevorstehenden Umbruch hatte er
dennoch deutlich gespürt. Von einer seiner letzten Inspektionsreisen
schrieb er 1842 nach Hause, dass die niedrigen Tagelöhne der
Arbeiter „den unglücklichsten Einfluß auf diese
Klasse von Arbeitern ausübt, sie sind im höchsten Grade
demoralisiert ... sehen in der Herrschaft nur Tirannen, die von ihrem
sauren Schweiß sich mästen, sind daher stets feindselig
gegen sie gestimmt, dies ist mir von allen Seiten erzählt worden,
wie auch die Besorgnis einer von diesen Leuten ausgehenden revolution,
bei der sie zwar den kürzeren ziehen werden, die aber doch im
Allgemeinen eine Abändereung herbeiführen muß, denn
so, wie es ist, kann es nicht bleiben.“
Als 1900 die elektrische Strassenbahn von Berlin nach Friedrichsfelde
eröffnet wurde, erhielt die Karlshorster Chaussee den neuen Namen
Treskowallee, um an Carl v. Treskow zu erinnern. So heisst sie auch heute
wieder, denn nach einer Umbennennung in Hermann-Duncker-Allee zu DDR-Zeiten
erhielt die Allee 1992 ihren Namen zurück.
Literatur:
Briefwechsel Carl v. Treskow und Phillip Emanuel v. Fellenberg, Burgerbibliothek
Bern (unveröffentlicht).
Peter Bloch u.a. (Hg.): Denkmal Albrecht Thaers, Berlin 1992.
Theodor Fontane: Wanderungen durch die
Mark Brandenburg, Spreeland, Art. Friedrichsfelde.
Nationalzeitung der Deutschen, 25. Junius
1823, S. 413-417 (Landschule Friedrichsfelde) |
|